Was sind Ephemera?


Ephemera sind (hier) gedruckte, geringwertige und kurzlebige Dokumente, Objekte und/oder Grafiken des täglichen Lebens; d.h. einfache Alltagsgegenstände.

Eine verbindliche Definition fällt deswegen so schwer, weil es ebenso viele verschie-dene Definitionen wie Sammler oder Sammlungen gibt. So zählt z.B. die Ephemera Gesellschaft Österreich über 1.000 Arten von Ephemera.

Daraus folgt, daß viele Sammler (Ephemeristen) Dokumente oder Materialien sammeln, die durchaus Ephemera sind, ohne je diesen Begriff gehört oder gelesen zu haben.

Zu den vielfältigen Erscheinungsformen gehören z.B.: Etiketten, Eintrittskarte, Fahrscheine, Verpackungen, Bierdeckel, Zuckerwürfel, Prospekte, Aufkleber, Tisch- und Speisekarten, Telefon- und Visitenkarten, Sammelbilder, Lesezeichen, Werbemittel, Plakate, Rechnungen. Mitgliederausweise und Kassenbons.

Im hier vertretenen Sinn zählen dazu „geringwertige, kurzlebige, gedruckte (selten handgeschriebene) Dokumente und Objekte des täglichen Leben, die in unmittelbarem oder mittelbarem, bildlichem oder textlichem Zusammenhang zu Heidelberg stehen“. Sie verkörpern die regionale, soziale, kulturelle oder ökonomische Geschichte dieser Stadt. So kann diesen Objekten durch Zeitablauf kulturhistorische Bedeutung zukommen. In jedem Fall sind diese Dokumente aber Zeichen ihrer Zeit. Es ist also nicht nur eine thematische sondern auch eine regionale Sammlung.

Da diese regionalen Zeitdokumente im Regelfall nach Gebrauch, Benutzung oder Verwendung vernichtet wurden, sind von ihnen nicht viele erhalten geblieben und noch weniger wurden systematisch gesammelt und entsprechend geordnet.

Im gesamten angelsächsischen Raum gibt es zu diesem Thema zahlreiche Gesellschaften (z.B. The Ephemera Society of America oder The Ephemera-Society UK) und in England ist dieses Thema sogar Studienfach.


Gedruckte Eintagsfliegen: Gerhart Berger sammelt alles zu Heidelberg


Objekte zum Wegwerfen finden bei dem Heidelberger ihren Platz in Alben statt im Papierkorb - "Ephemera" zeichnen ein Bild von früher
Aus der Rhein-Neckar-Zeitung

Stacks Image 9

Von Manfred Bechtel

Heidelberg. Die kleinsten Sammelobjekte passen in ein Briefmarkenalbum, die größten werden in tischgroßen Mappen verwahrt. Gesammelt wird bedrucktes Papier meist ohne besonderen Wert. Größtenteils ist es nur zum kurzzeitigen Gebrauch bestimmt, zum Beispiel das Straßenbahnticket, das mit Ablauf der Fahrt wertlos wird, aber auch Plakate, Rechnungen, Aufkleber, Programme. Nach Gebrauch wegzuwerfen. Nur recht selten sind solche Alltagsdokumente daher erhalten geblieben.

Wenn diese Papiere aber, statt in den Abfall zu wandern, den Weg in die Alben von Sammlern finden, zeichnen sie oft ein authentisches Bild ihrer Zeit. Da ist es fast schon ein Glück, dass nichts vor Sammlern sicher ist: Postkarten, Reiseliteratur, Briefe, Etiketten, Bierdeckel und so weiter. "Ephemera" ist die Überschrift für dieses weitläufige Sammelgebiet. Der klangvolle Name leitet sich aus dem Griechischen her. Er bedeutet etwa, dass etwas nach einem Tag vergänglich ist, gedruckte Eintagsfliegen also. Dafür halten sich die "Wegwerfartikel" aber ganz beachtlich. Verglichen mit den Speichermedien des elektronischen Zeitalters, von denen viele schon nach ein paar Jahrzehnten kaum mehr gelesen werden können, sind die Schnipsel aus Papier geradezu langlebig.

Dr. Gerhart Berger hat sich auf Gedrucktes spezialisiert, das in Zusammenhang mit Heidelberg steht. Wie viele andere Sammler hat er mit Ansichtskarten angefangen. In der Fahrtgasse in der Altstadt ist er aufgewachsen, als "Neckarschleimer" ist er zu Schiffen geschwommen und hat sich stromaufwärts schippern lassen. Später hat er Jura und Volkswirtschaft studiert und in der ganzen Welt Walzwerke verkauft. Im angelsächsischen Bereich konnte er feststellen, dass das Thema Ephemera einen breiteren Raum einnimmt als hierzulande, in Cambridge ist es sogar ein Studienfach.

"Heidelberger Altpapier" sagt Berger ein wenig abfällig zu seinen Schätzen - aber auch, dass er mit Herzblut an ihnen hängt. Vieles ist selbst gesammelt, vieles auch erworben, es gibt einen kleinen Markt für solche Dinge. Zwei Zimmer seines Hauses in Neckarsteinach nehmen sie ein; seine Frau sagt, im nächsten Leben sucht sie sich einen Mann, der nichts sammelt. Berger hat 1000 Plakate zusammengetragen, daneben Werbung von den ehemals zahlreichen Heidelberger Kinos, Erinnerungen an Hotels, Restaurants und Kneipen, Firmenkorrespondenzen, Informationen zum Thema Reise... Die Aufzählung, was Ephemera-Sammler alles aufbewahren, muss zwangsläufig mit Pünktchen enden, die Grenze zum Messie ist fließend.

Als er vor Kurzem zwei große Nachlässe auflösen musste, wurde Berger nachdenklich. Was soll aus seinen eigenen Sammlungen werden? Die Kinder haben überhaupt kein Interesse: "Ich habe sie einmal gefragt: Ist in eurer Klasse noch jemand, der etwas sammelt, Münzen oder Briefmarken vielleicht? Sowohl bei unserer Tochter wie bei unserem Sohn gab es nicht einen einzigen." Für sich selbst hat er entschieden: "Ich fange kein neues Gebiet mehr an, ich kann und will mich nicht mehr belasten." Andererseits würde er gerne mit Gleichgesinnten in Kontakt kommen, um sich auszutauschen. "Viele sammeln gedruckte Unterlagen und Dokumente, die durchaus Ephemera sind, ohne jemals den Begriff gehört oder gelesen zu haben." Vielleicht ließe sich auch einmal eine Ausstellung organisieren oder ein Buch konzipieren.